Meine Angsträume – Marija Ljoljic
Was sind für dich persönlich Angsträume? Welche Merkmale haben sie, wo befinden sie sich ganz konkret in deinem Leben?
Angsträume sind für mich jene Orte und Räume an denen ich mich unwohl fühle. Es müssen nicht zwingend bestimmte Plätze sein oder abgelegene Straßen. Meistens sind es jene Orte, mit denen ich etwas ganz unangenehmes verbinde. Die Angst für diese Plätze wird oft durch die schlechte Erfahrung, die ich dabei gemacht habe, ausgelöst. Die Angst vor genau einem bestimmten Ort, lässt mich diesen meiden. Bereits der Gedanke daran, hinterlässt ein mulmiges Gefühl. Wie bereits erwähnt, muss ein Angstraum nicht ein bestimmter Ort oder Raum sein. Für mich persönlich sind es auch gewissen Szenarien, die mir Angst eingejagt haben oder auch wildfremde Personen, die mir Angst einjagen können. Das heißt, dieser spezielle AngstRAUM muss nicht zwingend greifbar sein. Es reicht allein, dass ich Ängste verspüre, wenn ich allein an ein Geschehnis denke.
Hast du schon einmal schlechte Erfahrung gemacht und sich so ein Angstraum manifestiert?
Vor Jahren führte ein Erlebnis dazu, dass ich den Westbahnhof – den Durchgang von der U3 zur U6, als Angstraum empfinde. Es war Frühling und die Lateiner aus unserer Klasse wollten in die Volksoper um sich „Die spinnen die Römer“ anzusehen. Ich war mit ein paar Mädls aus meiner Klasse auf dem Weg ins Theater. Wir waren natürlich alle recht schick angezogen. Nun gut, auf den Rolltreppen spürte ich plötzlich, dass mich jemand hinter mir berührte. Erstmals dachte ich mir nicht viel dabei und hatte mir eingebildet es wäre unabsichtlich, da viele Menschen um mich drängelten. Doch dann stellte sich der Mann, der mich zuvor gegrabscht hatte, neben mich. Er packte mich am Becken und ich stand ganz stillt und beängstigt da. Keiner meiner Freundinnen konnte etwas sagen, wir waren alle geschockt. Ich wollte schreien, hatte Angst, wusste nicht, was er in Stande war noch zu tun und wollte nicht daran denken welche Absicht er verfolgte. Zum Glück wurde er schnell von einer großen Menschenmasse verscheucht. Seitdem meide ich es, nicht nur an jenen Ort zurückzukehren, sondern verbinde auch ständig schlechte Gedanken an die U6. Vielleicht verstärken auch die Vorfälle, die vor kurzem noch die Medien schmückten, meine Ängste. Ich spreche von den Vergewaltigungen in der U-Bahn. Letzen Endes kann ich von Glück sprechen, dass ich nicht alleine war und der Mann mich auch losließ. Während ich dieses Geschehnis versuche zu beschreiben, verspüre ich Angst und spüre, wie nervös ich werde. Nicht weil es sich um ein schönes Erlebnis handelt. Nein, weil es sich um einen meiner persönlichen Angsträume handelt. Aus diesem Grund versuch man genau diesen Ort zu meiden. Erinnerungen oder schlechte Erfahrung lösen oft Ängste aus und es reicht aus, an jenen Ort zurückzublicken und einem wird mulmig. Mulmig weil man an diese Zeit und diesen bestimmten Ort, an dem man Angst verspürt hat, zurückdenkt und sich hineinversetzt wie es einst war. Deshalb meidet man instinktiv Orte, hinter denen sich schlechte Erinnerungen bergen.
Woher kommt die Angst vor bestimmten Räumen?
Ich denke, dass oft Geschehnisse dazu führen, Angst vor bestimmten Räumen zu entwickeln. Ein prägendes Ereignis, sei es etwas „harmloses“ wie ein Raub oder etwas Schwerwiegendes wie eine Vergewaltigung: all das führt zu Ängsten vor genau diesem Ort. Berichte und Vorfälle aus den Medien verstärken diese Ängste. Natürlich besucht man nach einer öffentlichen Vergewaltigung mit Bedacht und Vorsicht gewisse Orte oder Gegenden. Außerdem entwickeln auch viele Menschen Ängste, sobald sie „unheimlichen“ Gestalten irgendwo begegnen. Oft gab es kleinere Parks, bei denen ich persönlich Angst hatte, da dort Drogenabhängige und Alkoholiker gerade auf der Bank saßen. Des Weiteren reicht für einige, auch für mich selbst, ein kleiner Raum aus, um Angst zu verspüren. Es ist Angst vor engen Plätzen. Unter anderem auch mit einer großen Menschenmasse „besetzt“. Woher diese Angst kommt, ist schwer zu sagen. Wahrscheinlich liegt es an unserer Wahrnehmung und Vorstellung was passieren könnte, wenn dieses und jenes plötzlich geschieht. Ich habe Angst, da ich das Gefühl entwickle, diese große Vielzahl an Leuten würde mir die Luft rauben und mich bedrängen. Bei engeren Straßen oder Räumen befürchte ich immer, dass es noch enger werden könnte. Dass ich eventuell zerquetscht werden könnte. Aus diese Grund meide ich solche Orte, Räume und Plätze.
Angstraum Schule: Ist für dich die Schule ein Angstraum? Welche Räume in der Schule magst du nicht so besonders? Begründe.
Ich persönlich sehe die Schule nicht als Angstraum. Wahrscheinlich kann ich mich glücklich schätzen prinzipiell „gerne“ in die Schule zu gehen, ohne Angst dabei zu verspüren. Der Besuch in die Schule gehört für mich zu meiner täglichen Routine und würde ich den Ort als Angstraum sehen, hätte enorme Schwierigkeiten und das würde auf Dauer große Schäden verrichten. Ich verstehe mich glücklicherweise sowohl mit meinen Klassenkameradinnen und Klassenkameraden, als auch mit dem Lehrpersonal. Natürlich verspüre ich Angst vor einem wichtigen Test, einer Prüfung oder Schularbeit. Mein Vater sagt immer: „Was hast du zu befürchten, wenn du dich gut vorbereitet hast?“ Mittlerweile versuche ich verstärkt(er) daran zu denken und mich damit zu beruhigen. Immerhin: was habe ich wirklich zu befürchten, wenn ich weiß, dass ich gelernt habe und mich intensiv vorbereitet hab?
Kinder und Jugendliche die Angst haben die Schule zu besuchen, weil sie zurückhaltend sind und die Pausen meistens zurückgezogen allein verbringen oder weil sie eventuell gemobbt werden haben. Das ist unvorstellbar aber leider immer öfter der Fall. Deswegen ist es nicht verwunderlich, wenn genau diese Kinder die Schule abbrechen und im weiteren Sinne auch irgendwann ihr Studium auch nicht vollbringen.
Was denkst du über Menschen, die große Angst haben, sich im öffentlichen Raum zu bewegen?
Meiner Meinung nach haben jene Menschen, die große Angst haben sich im öffentlichen Raum zu bewegen, es sehr schwer im Leben. Wohin kannst du schon fliehen, wenn ein öffentlicher Raum dir Angst einjagt? In die eigenen vier Wände und hoffen, dass keiner nach dir sucht und du deine Ruhe hast – du Sicherheit hast dich nicht im öffentlichen Raum zu befinden. Ich denke, dass diese Menschen oft in Panik geraten, überfordert sind und nicht ganz wissen, wie sie handeln sollen/können. Mit ihrem Verhalten isolieren sie sich immer mehr von der Außenwelt und ihren Mitmenschen. Dies kann zu Einsamkeit führen und Depressionen. Es erschwert den Menschen einen aufrichtigen Job zu haben, denn die meisten sind ja im öffentlichen Raum. Es erschwert ihnen, ein normales Leben ohne Ängsten zu führen.
Deshalb schätze ich mich glücklich, solche Art von Ängsten nicht zu verspüren.
Wie kann man seine Angst vor Angsträumen überwinden? Soll man das überhaupt?
„Angst kann nur bezwungen werden, wenn man sich ihr stellt“. Diesen Satz kann ich nur nochmals untermauern. Du musst dir im Klaren sein, weshalb du Angst hast, wenn du an gewisse Orte zurückblickst und weshalb du lieber bestimmte Gassen meidest. Ich meine, dass es mit der Angst wie mit vielen Problem ist: du musst dich ihnen stellen und eine Lösung finden. Es gibt für alles einen Lösungsweg. Für dunkle Gassen hast du deine Lösung gefunden: du meidest sie und das schützt dich oft vor einem größeren Übel. Eventuell hilft es einem persönlich auch seine Ängste zu „teilen“. Das heißt darüber zu sprechen, um nicht allein mit ihnen zu stehen und Hilfe zu erhalten.
Beurteilung
Beurteilungskriterium
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Abstufungen
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Persönliche Reflexion
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sehr
ausführlich
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ausführlich
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ausreichend
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minimalistisch
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zu wenig
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Analyse Angstraum Schule
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sehr
ausführlich
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ausführlich
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ausreichend
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minimalistisch
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zu wenig
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Analyse der psychologischen Komponente
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sehr
ausführlich
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ausführlich
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ausreichend
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minimalistisch
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zu wenig
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Persönlicher Kommentar
Ich persönlich habe mich sehr gerne und ausführlich mit diesem Thema auseinandergesetzt. Ich hatte wirklich Freude über meine persönlichen Ängste und vor allem Angsträume nachzudenken und diese Gedanken auch schriftlich festzuhalten. Es ist wichtig, damit man sich bewusst wird: „wo liegen meine persönlichen Angsträume?“ Damit man im weiteren Schritt sich überlegen kann, ob diese bewältigt werden könnten. Vor allem beinhaltet dieser Blogeintrag eine sehr persönliche Ebene. Ich habe mir sehr viel Mühe gegeben und hoffe, dass es mir gelungen ist die Kriterien erfüllt zu haben.
Liebe Marija,
AntwortenLöschenAuch diesen Arbeitsauftrag hast du sehr gut bewältigt und man merkt beim Lesen, dass du dich wirklich intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt hast! Ich stimme dir vollends zu, dass schlechte Erfahrungen, so wie du es erlebt hast, uns Angst machen, aber auch die Medien tun das Ihrige...! Ich will nicht sagen, dass gewisse Ereignisse nicht erschreckend sind, wie z.B. Vergewaltigungen in der UBahn (was übrigens wirklich sehr sehr selten vorkommt), aber in vielen Zeitungen wird das dann auch aufgeputscht und zusätzlich Angst verbreitet!